Dieser Sonntag hat's in sich by Marcia Muller

Dieser Sonntag hat's in sich by Marcia Muller

Autor:Marcia Muller [Muller, Marcia]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783596147137
Google: -QzrNwAACAAJ
Amazon: 3596147131
Herausgeber: Fischer
veröffentlicht: 1992-01-14T23:00:00+00:00


13

Wilkonson fuhr durch Hollister hindurch und in gleichmäßigem Tempo in Richtung Norden nach San José. Dort nahm er die Autobahn 208, die an der Westseite der Halbinsel von San Francisco entlang einer Hügelkette verläuft. Südlich der Stadt verließ er die Autobahn bei der Ausfahrt Skyline Drive; das überraschte mich, denn das war ein ziemlicher Umweg zur Lombard Street.

Der Skyline Drive führt oberhalb endlos anmutender gleichförmiger Siedlungen noch weiter ins Vorgebirge hinauf. Im Landesinneren war es während des Tages brütend heiß gewesen, und die hohen Temperaturen hatten Nebel über die Hügel heraufziehen lassen. Er legte sich in dichten, feuchten Schwaden über die Windschutzscheibe des MG und ließ die Lichter der weiter unten liegenden Häuser verschwimmen. Dann führte die Straße in eine dunkle, dünnbesiedelte Gegend. Kurz nach Fort Funston auf den Klippen über dem Pazifik verzweigte sie sich; der Ranchero nahm den Weg, der in den Great Highway überging.

Nun hatte er mich völlig verwirrt. Das war nicht der direkte Weg zu seinem Motel, und das Wetter war für eine Fahrt am Strand entlang viel zu unfreundlich. Mit Sandpartikeln durchsetzte Nebelbänke lagen über der Straße. Abgesehen von den grellen Autolichtern, die von den weißen Betonklötzen der Straßenbegrenzung reflektiert wurden, war die Sicht gleich Null. Diese Blöcke waren errichtet worden, um zu verhindern, daß die Sanddünen und der lose Schmutz von einer scheinbar endlosen Müllhalde auf die Straße Übergriffen. Jenseits der Abgrenzung sah man schemenhaft die urweltlichen Gestalten von Baggern und Baugeräten, die auf dem Gelände geparkt waren. Dahinter erkannte man durch den Nebelfilm die Lichter der Häuser an der 48th Avenue.

Die Ampel vor uns schaltete von Grün auf Gelb und Rot. Als Wilkonson sie erreichte, war sie schon wieder auf Grün umgesprungen. Ich verlangsamte die Fahrt, als er nach rechts auf den Lincoln Way, die lange Straße, die die südliche Begrenzung des Golden-Gate-Parks bildet, abbog. Er ordnete sich sofort links ein und fuhr an der ersten Abzweigung in den Park hinein. Die Ampel schaltete um, und ich hielt an, ohne seine Rücklichter aus den Augen zu lassen. Die Bremslichter des Ranchero leuchteten auf, als er an den Randstein heranfuhr.

Da hinter mir keine Autos waren, wartete ich, obgleich die Ampel wieder grün war. Die Lichter des Ranchero gingen aus. Dann sah ich Metall aufblitzen, als ob jemand die Tür öffnete, und eine Reihe schattenhafter Bewegungen, als eine nicht erkennbare Gestalt die Straße überquerte. Bei Gelb fuhr ich durch und nutzte die erste Parkmöglichkeit auf dem Lincoln Way.

Ich schloß das Handschuhfach auf, holte meine 38er Special heraus und steckte sie in meine Schultertasche. Dann packte ich meine dicke Jacke, die auf dem Rücksitz lag, und zog sie an, während ich über die Straße und in den Park hineinlief.

Dort war es stockdunkel. Ein eisiger Wind rauschte durch die trockene Vegetation. Er brachte den Geschmack feuchten Salzes auf meine Lippen und den Geruch von Meer in meine Nase. Das hohle Tuten eines Nebelhorns klang von der nördlich gelegenen Golden-Gate-Brücke herüber; als es verklungen war, hörte ich nur noch das Ächzen der Bäume und das schwache Heulen eines Motorrades auf dem Highway.



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